Kreuzfahrt und Corona

Kreuzfahrt und Corona

Die Begeisterung für Kreuzfahrten hat mich immer schon verblüfft, weil man sich an Bord freiwillig eine Woche oder drei dem Nichtstun aussetzt. Einem Nichtstun, das sich in unserem Alltag als unerträglich erweist. Wie soll dasselbe Nichtstun auf einem Kreuzfahrtschiff nun etwas Gutes sein? Ist es auch nicht. David Foster Wallace schreibt in einem Selbstversuch: Tatsächlich gelingt es bei den Teilnehmern das Gefühl hervorzurufen, siebenmal am Tag Hunger zu haben. Sich dem Nichtstun aussetzen um es sofort mit Erfolg zu vertreiben. Das könnte als Zweck einer Kreuzfahrt bestimmt werden. Mit deutlich elitären Zügen. Wären Kreuzfahretn nicht so extrem nachgefragt, müssten man als von einer Veranstaltung 'for the happy few' sprechen.


Zuir Zeit erleben wir gerade die ordinäre Variante einer Kreuzfahrt: Sich in der Quarantäne zuhause erfolgreich dem drohenden Nichtstun widersetzen. Die Wohnung wie ein Schiff wie eine Insel. Völlig losgelöst - aber als k,ompletter Selfservice. Trotzdem: Es begann auch hier wie auf einer Kreuzfahrt. Begeisternde entspannte erste Tage - doch dann suchte man bereits nach  Werkzeugen, mit denen man die Zeit erschlagen konnte: Küche, Hobelbank, Schlafzimmer - in allen drei Bereichen stieß man jedoch bald an seine Grenzen. Was tun? Was nicht tun?
Es wäre so schön, wenn es gelänge, sich einmal der Langeweile hinzugeben, dieser immer unerfüllten Sehnsucht. Es gibt nichts, dem wir sos ehr mit Totschlagsargumenten begegnen wie der Langeweile. Jetzt ist die Zeit, da wir sie leben lassen könnten Dann wäre die Welt tatsächlich nicht mehr so, wie sie vorher war. Aber dies bleibt, was es immer war: Eine fremdgewordene Himmelfahrtssehnsucht.

Über teofilo.de

Theophil war der Vorname meines Vaters. Mein Vater wurde ein paar Monate vor meiner Geburt aus Russland als vermisst gemeldet. Durch meinen langen Aufenthalt in Italien hat sich der Name Theophil um ein erstes "h" und sein "ph", das zu "f" geronnen ist, verschlankt. Ich selber nicht.

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