Zuflucht-Kirche 4. Advent 2020
Predigttext Gen 18, 1-15
Begrüßung
Herzlich willkommen zum Gottesdienst am 4. Advent. Dem letzten Sonntag vor Heiligabend. Und dem ersten Weihnachtsfest unter der Corona-Herrschaft.
Das ist, als stünde außer den Hirten und den Engeln und Joseph und Maria der Frohen Botschaft auch noch die Drohung des Todes an der Krippe.
So ist es wohl auch. WSeihnachten, das Fest des reinen Lichtes, wirft einen dunklen Schatten
Wir fühlen uns durch das Zepter, das die Pandemie über unsere Köpfe schwingt, schwer getroffen. Und das bilden wir uns nicht einfach nur ein, wie uns der eine oder andere einreden möchte. Es ist die Herrschaft des Todes, der es auf uns abgesehen hat. Er trifft nicht jeden von uns, wenigstens nicht sofort. Aber unsere Lage ist unklar. Wir wissen nicht, wen es trifft.
Gehen wir also einem Weihnachten entgegen, wie wir es noch nie kennengelernt haben?
Ja, der Tod steht dieses Jahr deutlicher als zuvor mit an der Krippe, aber der Gott des Lebendigen bildet doch immer noch die Mitte.
Im Rahmen der christlichen Bildbetrachtung in der Gemäldegalerie habe ich gerade ein Bild aus der italienischen renaissance besprochen: Die Anbetung der Könige. Darauf ist alles, wie wir uns es ersehnen. Nur vor der Heiligen Familie, Joseph, Maria und dem Kind und den drei Weisen hat er Maler ein kleines Äffchen an einer Kette gemalt. Das wendet sich ab. Betet nicht an, denn des Äffchen
ist das Symbol für das Böse, für den den Teufel. Er st immer dabei. Er will immer mitregieren.
Wir sind einer doppelten Herrschaft unterworfen. Uns wird nicht nur gesagt: Haltet die Türen geschlossen, sondern auch: Macht hoch die Tür, die Tor macht weit.
Hütet Euch vor dem Tod und der Lebendige will euer Gast sein. Macht ihm auf.
Der Streit um die Herrschafft
Ist das Leben Gottes auf Erden nicht immer vom Tode bedroht, von Geburt an? Und gerade dadurch haben wir das Leben, auch wenn wir sterben?
Im Licht dieser Verheißung ist die Coronapandemie ein Teil des Todes, dem Gott die Macht genommen hat.
In seine Herrschaft setzen wir unser Vertrauen und beginnen in seinem Namen auch diesen Gottesdienst: I
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.Amen.Predigt
Wir hören heute die Geschichte, wie der Herr und seine beiden Begleiter Abraham und Sara in Mamre besuchten.
Das geschah offensichtlich noch in jener mythischen Vorzeit, in der Gott sich noch unter den Menschen bewegte - inkognito, oder erkennbar für jederman. Auch wenn es hier nicht so erzählt wird, als wüßte Abraham ganz genau, dass der Herr selber ihn besucht. Es bleibt lange Zeit unklar.
Diese Zeiten sind längst vorbei.
Übrigens soll man 'mythische Zeit' nicht so missverstehen, als wären wir beim Besuch in Mamre noch im Paradies. Paries war noch besser.
Da stellen wir uns vor, dass Gott jeden Abend durch seinen geliebten Garten ging, auf Adam und Eva traf, mit ihnen plauderte. Auf Augenhöhe, wie man heute so gerne sagt.
Leider waren Adam und Eva den täglichen Begegnungen mit Gott nicht gewachsen. Die Schlange hatte ihnen gesagt, es gehe im Leben auch ohne Gott. Die beiden habens probiert. Das war das En de ihres Paradies. Seitdem stellt sich dem Menschen die Frage: Soll ich mein Leben mit oder ohne Gott führen? Einen Weg zurück ins Paradies zu dem selbstverständlichen täglichen Umgang mit Gott gibt es nicht mehr.
Das Tor ist verschlossen.
Wir haben nicht mehr die Fähigkeit, von uns aus das Tor zum Paradies zu öffnen.
Das Tor hindert Gott jedoch nicht, aus seinem Garten zu uns zu kommen, in vielerlei Gestalt. Obwohl auf unserer Seite viel Übles passiert war, kam Gott trotzdem zu uns. Denken Sie nur an Kain, der seinen Bruder Abel erschlug. Gott überließ Kain nicht seinen finsteren Gedanken, sondern ging ihm nach und stellte ihn zur Rede, schon vor der Untat. Aber er hinderte Kain nicht daran, nach seinem Willen und Unvermögen zu handeln.
Das macht uns seitdem schwer zu schaffen. Dass Gott den Menschen nicht daran hind3ert, das zu tun, was er nicht tun soll.
Und so geschah es, dass die ganze Menschheit nach dem biblischen Zeugnis von einem Brudermörder abstammt.
Das ist kein schöner Gedanke, einen Mörder zu seinem Ur- und Erzvater zu haben.
Im Gegensatz zu Abel, dem Kains Niedergewschlagenheit offensichtlich egal war, kümmert sich Gott um Kain. Vor der Tat (warum ergrimmst du und warum senkst du deinen Blick?) und besonders nach dem Mord. Er schütze den Mörder mit dem Kainszeichen an der Stirn, damit ihn niemand erschlüge.
Niemand töte Kain!
Auch der Mörder soll leben.
Aber jedermann soll ihm ansehen: er hat getötet.
Gott ließ ihn laufen, doch strafte er ihn. Unstet und flüchtig sollst du sein und der Acker soll dir keine Frucht bringen.
Der Verbrecher hat ein Recht auf Strafe. Nur die Strafe macht den Verbrecher wieder gemeinschaftsfähig. Auch Kain.
Denn Kain wurde der erste Städtegründer. Henoch hieß seine Stadt.
Städte wurden ihrer Gründungslegende nach oft von Brudermördern gegründet: denken Sie an Rom, an Romulus und Remus, auch London soll so eine Erinnerung an einen Brudermord haben- damit die Städte nicht unverschämt werden, wie Babylon zum Beispiel.
Oder auch Berlin. Berlin ist eine Stadt, die sich für harmlos hält. Eine Stadt, der der Dorfanzug nur etwas zu klein geworden ist. Die staunt, dass es in ihr überhaupt Verbrechen gibt. Aber dass ein Brudermörder der Gründer von Berlin sein könnte -
soetwas denkt hier niemand.
Luther hatte seinen Zuhörern gesagt: Als Christ sind wir Sünder und Gerechtfertigte zugleich.
Werfen wir nur einen Blick vorauf auf die Weihnachtsgeschichte: Maria, dies junge Mädchen, geschwängert von einem, der sie sitzen gelassen hat. Joseph, der dies nicht ertrug. Nachts versuchte er sich heimlich aus dem Staube zu machen. Wenn Gott kommt, geht der Mensch stiften. Von wegen mit Gott auf Augenhöhe. Hätte Joseph nicht ein Engel zurückgeführt, wäre Maria am nächsten Morgen ganz alleine gewesen. In Nepale nannte man Joseph gern: Il cornuto dello spirito santo - der vom Heiligen Geist Gehörnte. Nicht jeder hatte um Weihnachten etwas zu lachen. Und das bleibt so bis zum Tod des Kindes am Kreuz: Menschlich gesehen liegen das "Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn" vom Palmsonntag und das "Kreuzige ihn" vom Karfreitag immer sehr nahe beieinander.
Gott und unsere Welt - das ist nicht wie ein Herz und eine Seele. Corona zu Weihnachten ist kein so noch nie dagewesener Abgrund, sondern auch darin treffen Gnade und Strafe zusammen.
Gott reinigt nicht erst diese Welt, damit er sie retten kann. Er rettet unsere schmutzige Welt. Das nennt Luther die Rechtfertigung des Sünders.
Das gilt überall
Das gilt auch für die bewundernswerte Gestalt Abrahams. Er ist der Vater des Glaubens, er wirft ein leuchtendes Licht auf alle nachfolgenden Generationen, er überragt alle Nachfolgenden um mehrere Haupteslängen, und doch wirft die Bindung seines eigenen Sohnes Isaak auf einem Opferaltar einen gewaltigen Schatten auf ihn, obgleich sein Licht in dieser Geschichte besonders hell erstrahlt: Denn Abraham hatte sich den Auftrag Gottes nie zu eigen gemacht. Er war darin nur gehorsam. Und doch: noch das hellste Licht hnat einen dunklen Kern. Wie, wenn wir einen Augenblick in die Sonne geschaut hätten und uns nun schwarz vor Augen wird. Von wegen auf Augenhöhe mit Gott.
Davon erfahren wir etwas aus der Erzählung der drei Männer bei Abraham und Sarah in Mamre. Da wir aber auf die Herrschaft von Corona Rücksicht nehmen werden , - die Natur wird durch Gehorsam besiegt, sagte Bacon - das Virus ist Natur und wir gehorchen ihr - machen wir hier ein paar Minuten Pause, gehen vor die Tür, lüften so gut es geht, und finden uns dann wieder ein und bei Abraham in Mamre. Nicht auf Augenhöhe mit Abraham, sondern in bewunderndem Abstand.
Corona Pause
Predigttext Gen 18, 1-15
Abraham ist über den Besuch dreier Männer nicht überrascht. Ob er weiß, dass der Herr ihn gerade besucht? Der Bericht lässt es offen. Als ob er sagen wollte: Man tut immer gut daran, einen Gast so zu behandeln, als wäre er der Herr selber. Hebt Abraham aus Zufall seine Augen, oder ahnt er, wer da auf ihn zukommt? Dass Gott in der Nähe ist erkennt man leicht daran, dass Abraham seine Augen hebt. Das Zeichen seines reinen Gewissens. Er hob seine Augen ja auch dann noch, als sich von Ferne der Berg Moria zeigt, auf dem er Isaak, seinen einzigen Sohn und seine ganze Liebe und seine ganze Verheißung opfern sollte. Für ihn war es nicht der Berg seiner Schande, der Berg seines Verrates, sondern der Berg seines Vertrauens in Gott. Hier bin ich, sagt er , ganz am Anfang und genauso am Ende: Herr, hier bin ich. Abraham ist der, der da ist, wenn Gott nach ihm fragt.
Ganz anders Adam, ganz anders Kain. Beide senken den Blick, antworten nicht, wenn Gott sie ruft. Und wir? Sind wir mehr Adam oder mehr Abraham? Oder doch eher Joseph, der geht, wenn Gott kommt?
In unserer Stelle hingegen heißt es: "Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm." Gottesfurcht ja - Angst vor Gott, nein. Oder ist es doch nur ungewöhnliche Gastfreundschaft?
Was dann passiert, soll heute gar nicht gelesen werden. Das hat mich verwundert. Die Kommission, die die Predigtexte für die Sonntage zuschneidet, meinte, Abrahams Gastfreundschaft sei nicht das Vorlesen wert.
Sie lassen die nächsten Szenen der Begegnung einfach fort. Dabei verstehen wir durch sie Abraham so viel besser und wie Sarah alles ruiniert.
Hier sind die Verse Gen18, 3-8
Unheimlich, kommt einem der Eifer Abrahams vor. Man bedenke: Er wird im darauffolgenden Jahr 100. Jetzt ist er 99 Jahre alt. Er ist kein junger Springermehr. Aber die Gegenwart der drei Männer macht ihn jünger, macht ihn jung. Er läuft zu Sarah ins Zelt, damit sie Kuchen backt, er läuft zur Herde um ein zartes Kälbchen auszusuchen. Das bringt er dem Knecht, damit dieser es zubereite. Dann bringt er dem Herrn und seinen begleitern Butter und Milch. Man fragt sich, was das soll? Warum ist Abraham so behende mit seinen 99 Jahren?
Er hätte allen Dienst seinen Knecht machen lassen.
Irgendwann ist dann alles beisammen: Brot und Milch und Butter und Fleisch - erstaunlicherweise gibt es keinen Wein - die drei Männer sitzen zu Tisch,
Abraham steht unter dem Baum.
Es ist noch nicht das große Festmahl.Das Essen wäre danach, doch Abraham sitzt nicht bei seinen Gästen und Sarah ist im Zelt und gar nicht zu sehen. Die Erzählung treibt offensichtlich über diese Szene hinaus.
Auch das Gespräch, das sich jetzt entwickelt.
Wo ist deine Frau?
Im Zelt.
Gerrufen wird sie nicht.
Der Mann unter den Männern wendet an Abraham und Sarah mit dem Blick aufs kommende Jahr. Wenn ic h wiederkommen, werdet ihr einen Sohn haben.
Schon einmal hatte der Herr Abraham Nachkommen verhießen, nimmer zum zählen wie Sterne am Himmel. Damals war er noch jünger. Abram, heißt es da, glaubte dem Herrn, und das rechnete Gott ihm zur Gerechtigkeit. So auch hier. Trotz seines Alters. A ber war er nicht gesprungen wie ein junger Hirsych, seine Gäste zu bedienen. War er nicht doch jung genug?
Sarah sieht ihn hingegen alt. Uralt, viel zu alt. Und sich selbst sieht sie vollkommen außerhalb jeder Hoffnung. Sie lacht wegen ihres hohen Alters. Sie lacht die Männer aus. Und als Isaak ein Jahr später geboren wird, sagt Sarah: Gott hat mir ein Lachen zugerichtet; denn wer es hören wird, der wird über mich lachen.
Da ist er wieder, der Schatten im Augenblick des hellsten Lichtes.Sarahs Ärger, dass Gott sie zum Gespött der anderenb gemacht hat, wie er Maria dem Gespött der anderen preisgegeben hat.
Aber Abraham und Sarah geben ihrem Sohn den Namen Isaak,, was auf deutsch heißt: Er wird lachen. Eine Freude Gottes. Amen.