Griechenland und die EU

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Nachrichten aus dem Reich der Gnade und dem Reich der Gerechtigkeit
oder
No meeting of the waters  in Europa.

Einige Meilen westlich von Manaus treffen die schwarzen Wasser des Rio Negro und die hellen Wasser des Rio Solimões auf ein ander. Flussabwärts fließen die beiden Farben für eine Weile parallel,  getrennt und ungemischt.  Dann strömen die beiden Hälften als Amazonas  ineinander zur großen Reise in den Atlantik.
 
Fachleute für Wasserversöhnung erklären: Es liege an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der beiden Flüsse und ihren verschiedenen Wassertemperaturen.  Der Rio Negro sei wärmer und langsamer.  Der Rio Solimões hingegen sei kälter und schneller.

Das Phänomen des meeting of the waters  beschreibt  die gegenwärtige Lage in Europa gar nicht so schlecht. Beide Wasser treffen aufeinander, können sich aber nicht mischen.

Die Wasser des Mittelmeers und der Nord- und Ostseen finden  nicht zusammen. Das warme aber langsamere Wasser des Südens mischt sich nicht mit dem schnelleren aber  kalten Wasser des Nordens. 
Das ist  nicht natürlich.
Die Ursachen werden auch ganz woanders gesucht - vornehmlich auf dem Feld der politischen Ökonomie:  Effektivität,  Organisation, Kontrolle, Management,  Schulden,  Schuldendienst und Schuldenschnitt, Insolvenzverschleppung.

Es treten stattdessen ganze Bereiche des Lebens in den Hintergrund, deren Berücksichtigung entscheidend zum Meeting of the the Waters beitragen würde.

Als einfaches Beispiel nenne ich die Eleganz. Die bella figura der Italiener. Im Norden praktisch unbekannt und als unnötig angesehen. Denn Schönheit und Gerechtigkeit verhalten sich kontrovers zueinander. "Wäre die Welt gerecht, wäre sie nicht schön." (Jürgen von der Wense)

Die im Norden verdienen  Geld, die im Süden geben es aus - das des Norden, versteht sich. Die Länder im wärmeren Süden  haben darin eine Eleganz entwickelt,  um die sie der Norden beneiden könnte, wäre er zum Neid überhaupt fähig.

Die Länder um die eisigen aber heftigen Nordmeere wiederum haben Systeme entwickelt, die  großen  Reichtum erzeugen  - machen dabei jedoch keine so gute Figur. Darum bleibt auch hier der Neid des Südens aus.
Ohne Neid aber gibt es keine Vermischung

Beide Seiten rufen statt dessen wie aus einem Munde: Genug ist genug! Meinen aber grundverschiedene Dinge, die ganz offensichtlich auf dem Feld der politischen Ökonomie nicht zu klären sind, auch nicht auf ästhetischem Feld.

Man muss sich wohl ums Religiöse kümmern, auch wenn vielen Religion wie eine laue Brühe vorkommt.

Doch hier gibt es noch etwas zu gewinnen:
So oft, wenn in Italien eine Mordtat geschah, wurden die Angehörigen gefragt, ob sie dem Täter schon vergeben hätten. Es zeigte sich, dass Italien das Reich der Gnade war. Es war auch ganz so organisiert. Nicht die Prävention stand im Mittelpunkt, sondern die Solidarität mit den Betroffenen.

Hier im Norden, wohin ich nach vielen Jahren Süden zurückkehrt bin, herrscht hingegen die Gerechtigkeit. Und mit ihr die Vorsorge. Geschieht dennoch ein Unglück, ist die Frage nach dem Schuldigen unvermeidbar. Derweil das Opfer und seine Angehörigen in Dunkel versinken.

So fließen die beiden Ströme seit Jahren nebeneinander dahin: Der warme Strom der Gnade und der kalte Strom der Gerechtigkeit. Gäbe es noch einen lebendigen Sinn für die Beziehung von Gott und Mensch, Kaltes und Warmes hätten längst zueinander gefunden. Denn der lebendige Sinn für die Beziehung zwischen Gott und den Menschen weiß, dass Gnade nicht ohne Gerechtigkeit und Gerechtigkeit nicht ohne Gnade bestehen kann.

Doch leider ist das unerheblich geworden und die Lösung wird versucht mit unerheblichen Begriffen. Wir warten weiter auf den kommenden Gott in uns. Bis dahin fließen die Wasser weiter ungemischt  nebeneinander.  Der Strom aber trägt hier schon den Namen Amazonas. Denn er ist nicht der Name von den, der die Trennung überwunden hat, sondern für den, der die Getrennten bekämpft.