Christliche Bildbetrachtung, Donnerstag, 17. Dezember 2020
Benvenuto da Tisi detto Garofalo
Die Anbetung der Könige
Die Darstellung zeigt die Heiligen Drei Könige das Kindes anbetend. Genau genommen betet nur einer, die beiden anderen stehen wartend daneben. Als gäbe es eine Reihenfolge zu beachten.
Man könnte meinen, wir wären heute, am 17. Dezember etwas voreilig mit der Anbetung, geschieht sie doch erst in 21 Tagen, ausgeblendet vom strahlenden Weihnachtsfest Tatsächlich aber feiern orthodoxe Kirchen und die Koptische Kirche Christi Geburt an jenerm Tag der Anbetung, also auch in der Nacht vom 6. auf den 7. Januar. Esheißt, das läge an jenen 13 Tagen Unterschied zwischen unserem gregorianischen und ihrem julianischen Kalender. Aber ich zweifle mit anderen, dass das schon die ganze Wahrheit sei. Das Fest der Epiphanie, das auch das Fest der Theophanie, der Gotteserscheinung genannt wird, hat auf jeden Fall alle Zeichen des Weihnachtsfestes bei sich.
Im Grunde treffen wir in der Heiligen Nacht der Weihnacht schon die Heiligen Drei Könige an der Krippe.
Im Matthäusevangelium , in dem diese Szene berichtet wird (Mt 2, 1-12), sind es aber noch keine Könige, sondern Magier, griechsich magoi,
Warum sind aus den Magiern Könige geworden?
Es finden sich dazu zwei alttestamentliche Vorläufer
Einmal beim Propheten Jesaja 60, 3-6 Die Heiden werden zu deinem Licht ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht. (...)Sie werden aus Saba alle kommen und Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.
und zum andern von Psalm 72, 9-12: Die Könige von Tharsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen, die Könige aus Scheba und Saba sollen Gaben senden. Alle Könige sollen vor ihm niederfallen und alle Völker ihm dienen. Denn er wird den Armen erretten, der um Hilfe schreit, und den Elenenden, der keinen Helfer hat.
Den Psalm 72 lesen die Kirchen am 6. Januar im Gottesdienst.
BeideTexte handeln bisher aber nur von einer Vielzahl von Königen, die kommen und Gold und Weihrauch bringen und dem jüdischen Volk huldigen. Es fehlt die charakteristsiche Dreizahl der Könige noch die drei Gaben. Es fehlt noch Myrrhe. Auch haben weder die Magier noch Könige einen Namen.
Zurück zu Matthäus: Noch sind die Könige Weisen oder Magier. Aber die Myrrhe ist jetzt dabei als Hinweis auf Königliches. Und der Stern, Verdichtung von Glanz und Licht aus dem Propheten Jesaja.
Magoi hat im Griechischen eine dreifache Bedeutung, die alle zum Tragen kommen ( nachzulesen in der Legenda Aurea des Giacopo de Voragine)
Betrüger, Zauberer, Weise.
Betrüger weil sie Herodes betrogen und ihm nicht berichteten, wo sie das Kind gefunden haben
Zauberer, weil sie zunächst Zauberer waren aber dann von Gott verzaubert wurden,
Weise - weil sie den verborgenen Gott gefunden hatten.
So bekommen sie bald Namen: hebräische (Appellius, Amerius, Damascus) und auch griechische( Galgalat, Magalat, Sarachin). Bei uns haben sich die lateinischen Namen Caspar+Melchior+Balthasar durchgesetzt
Kennen wir auch als C+M+B, aktuell mit der 20 davor und dann der Zahl 21 danach. Es heißt, die Namen seien nach dem Segenspruch Christus mansionem benedicat- Der Herr segne dieses Haus gebildet.
Aber viel wichtiger ist, dass sie als Europäer,(Caspar) Asiate (Melchior und Afrikaner (Balthasar) den gesamten Erdkreis der damaligen Zeit repäsentieren.
Das Reich des neugeborenen Kindes.
Und tatsächlich malt Garofalo das Göttliche Kind , wie man heute gern sasgt, auf Augenhöhe mit König Caspar. Maria und Joseph schauen in sich hinein, das Kind strebt aus sich heraus, dem anderen zu, mit einer Segensgeste. Melchior und Balthasar sind nur auf einander im Gespräch bezogen. Sonst dominiert die indirekte Mitteilung. Marias Gewand berührt sich zaghaft mit dem Gewand Caspars, überwindet die Trennung zwischen dem grünen Rasen des Glaubens und der gelben Bodenwelt des Heidentums, aber nicht durch Blick und Haltung. Die Kopfbedeckung Caspars kommt ebenfalls gerade auf dieser Trennlinie zu liegen.
Unterschiedlich wie die Personen verhalten sich auch die Tiere: Der Hund ist wie Caspar, Er strebt zum Jesuskind. Ein Hund des Herrn, ein Dominikaner. Gregor der Große nannte den Hund einen Prediger und Wächter des Glaubens. Da sehen wir ihn.
Im Gegensatz zum Äffchen, das nicht nur in sich gekehrt ist, wie Joseph und Maria, sondern sich abwendet, Es ist zwar nicht gefesselt wie der in Ketten gelegte Satan. Es sitzt da, ablehnend und abweisend. Ein antisemtischer Einfall. Das Äffchen als Jude, der Jesus als den Messias ablehnt?
Zu den Tieren am Schluss dann noch ein zeitgemäßes Wort. Jetzt erst einmal zurück zu den Königen und ihren Gaben:
Neu hinzugekommen war bei Matthäus die Myrrhe. Drei Könige - drei Gaben. Aber was für Gaben. Mit Myrrhe, einem Harz, zu Öl verarbeitet, salbte man die Könige Der Messias trag den Gesalbtern Gottes min seinem Namen, wie Christus selbst. Prominent taucht Myrrhe dann noch im Johannesevangelium auf. Bei der Grablegung Jesu erscheint ein Mann mit Namen Nikodemus mit 100 Pfund Salbe aus Myrrhe und Aloe. Damit wurden die Tücher eingerieben, in die man den Gekreuzigten anschließend wickelte.
Die Botschaft dieser Erzählung schält sich allmählich heraus: Alle Welt huldigt dem neugeboren Herrscher. Geburt und Tod werden gleichzeitig gedacht.
Brennender Weihrauch symbolisiert das aufsteigende Gebet zu Gott. Auf den Weihrauchgefäßen finden sich Abbildungen des Phönix und der drei Männer im Feuerofen als Symbol der Unsterblichkeit.
Gold ist das Symbol der Liebe , Gottes verschwenderische Liebe. An Liebe spart Gott nicht.
Man sieht auf dem Gemälde Garofalos noch vieles, was nicht aus der Matthäusgeschichte stammt: eine große, die Könige begleitende Reiterschar, haltend, in der Ferne Berittene unterwegs, wir sehen zwar nicht Ochs noch Esel, dafür aber besagten zierlichen Hund und das schwarz-weiße Äffchen.
Die Heilige Familie hat Schutz gefunden in einer aufgegebenen Palazzoruine. Alles eingebettet in viel Grün und in eine ideale Gebirgslandschaft. Weihrauch, Gold und Myrrhe sehen wir nur in der Gestalt von drei verschlossenen Gefäßen.
Das Fest der Geburt des AION am 6. Januar durch die Jungfraugöttin Kore
Das zu besiegende heidnische Fest
In der griechischen Mythologie weist die Erzählung von Kore oder Persephone eine gewisse Ähnlichkeit mit der Menschwerdung Gottes in Christus auf. Zeus schwängert in Gestalt einer Schlange seine Tochter Persephone. Sie bringt als Jungfrau den Zagreus zur Welt, der auch den Namen Aion getragen haben soll. Zagreus wird von Hera aus Eifersucht verfolgt, von den Titanen zerrissen und verspeist. Da Zagreus die Gestalt eines Stieres angenommen hatte, ergriffen ihn die Titanen und zerrissen und verspeisten ihn. Zeus verwandelte die Titanen durch seinen Blitz zu Staub. Aus ihrem Staub wurde jener Schlamm, aus dem Prometheus den ersten Menschen formte.
Hades hatte inzwischen Persephone in die Unterwelt entführen können, weil Zeus ihr seine Protektion entzog. Doch klagte sie dort so heftig, dass auf der Erde die Natur ihr Wachsen einstellte. Daher durfte sie im Frühling wieder auf die Erde, um neues Leben hervorzubringen.
Die Zeit ihrer Wiederkehr fiel in die Nacht vom 5. auf den 6. Januar . Epiphanius von Salamis berichtet in seiner Sammlung adversus haeritici noch im vierten Jahrhundert von einen Mysterienfest in Alexandria zu Ehren der den Aion gebärenden Kore.
Dieses Fest war über den gesamten Mittelmeerraum verbreitet, wenn sein Ursprung nicht sogar in Persien lag. Deshalb konnte eine neu entstehende Religion nicht achtlos an diesem Fest vorübergehen. Im Gegenteil galt es, das Kore - Aion-Fest zu erobern.
Damit ist der Umgang von Religionen miteinander sehr gut beschrieben. Es kann sich zu einem Kampf auf Biegen und Brechen ausweiten. Es wäre wohl töricht zu meinen, einen Kampf derReligionen hätten wir glücklich hinter uns gelassen. Der Kampf um Abraham, Jerusalem und Gott, der Mensch wird, und Allah, der dies nie werden wird, hat längst begonnen.
Wie damals der Kampf um die Nacht vom 5. auf den 6. Januar tobte.
Das Fest der Griechen wurde schließlich auf geradezu titanische Art in viele Stücke zerrissen.
Das könnte man wohl imperialistische Frömmigkeit nennen.
So sah es dann aus:
Teil II Die universale Mächtigkeit des 6. Januar: Imperialismus der Frömmigkeit
Auf den 6. Januar fielen in der Alten Kirche
- die Geburt Jesu, noch heute feiern einige frühen Kirchen diesen Tag als Weihnachtsfest
- die Anbetung der Weisen aus dem Morgenland oder der Heiligen der Könige oder der Magier. (Epiphanias - Erscheinung von oben)
- die Taufe durch Johannes (Theophania - Gotteserscheinung)
- die Speisung der 5000, oder die wunderbare Brotvermehrung (Phagiphania - Speise- Erscheinung)
- die Hochzeit zu Kana, oder die wundersame Weinvermehrung (Bethphania - Erscheinung im Hause zu Kana)
- die Auferweckung des Lazarus
Mit der Taufe und der heiligen Eucharistie in beiderlei Gestalt (Brot und Wein) wird die Einsetzung an diesem einen Tag der beiden Sakramente gefeiert, an denen wir Protestanten noch festgehalten haben.
Die Epiphanien haben wir erledigt. Sie wurden auf den nachfolgenden Sonntag verlegt.
Religionsgeschichtlich gibt es einen angebbaren Grund für dieses Gebirge von Festlichkeiten.
Einmal soll die Idee, die Taufe Jesu auf den 6. Januar zu legen, vom Gnostiker Basilides stammen. Er lebte im zweiten Jahrhundert nach Christus. Für ihn war nicht das Kreuz das Zeichen der Erlösung, sondern die Taufe. Durch sie kam der göttliche Geist herab auf den Menschen.
Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die beiden Tiere, besonders das Äffchen. Dass einmal den Teufel symbolisiert sollte, kann man heute niemandem mehr erzählen. Jahrzehnte haben sie für ihre Teufels- und Menschenähnlichkeit als medizinische Versuchs"kaninchen" büßen müssen. Das wird nun bald vorbei sein. Tiere sollen gar nichts mehr büßen, um erlöst zu werden. Sie kommen als ehemalige Unterdrückte direkt in den Himmel. Vor unseren Augen beginnen sie sich schon aus dem Bildkontext herauszulösen. Denn die Tiere sind bereits unsere Herren. Bei Garofalo ist der Affe aber noch gefesselt und der Hund betet an, während die Mitte von Gott und Mensch noch gefüllt werden will.
Hartmut Diekmann
Berlin, den 14. Dez. 2020