Der Gottesdienst hat eine lange Tradition. Die gesammelte Kraft der Chöre ist schon wie das Brausen des Windes im Raum der Gemeinden. Erhebend und Erhaben. Mit ihrer Hilfe schwillt auch der Gesang der Gemeinde. In der Liturgie vereinen sich Liturgen, Chöre, Lektoren und Gemeinde zu einem gemeinsamen Strom. Gemeinsam lesen wir den 145. Psalm über Gnade und Gerechtigkeit im Reich Gottes. Die Epistel handelt vom Wandeln im Geiste (Römer Kapitel 8, das auch vom Seufzen der ganzen Kreatur nach Erlösung spricht). Johannes 20,19-23 -Jesus bläst die Jünger mit seinem Heiligen Geist an. Predigttext ist die Verteilung der Last des Volkes von den Schultern Moses auf die Schultern von 70 Ältesten des Volkes Israels.
Es wäre ein kräftiger Pfingstmontag gewesen, müsste nicht auch noch eine Predigt gehalten werden. Stoff gab es genug. Doch fand dieser keine Berücksichtigung. Stattdessen: Priester und Gemeindevikarin begannen im Dialog, parlierend. Dazu war noch ein dritter Partner herbeigezerrt worden. Die Vikarin trug eine Art Puppenschrat unterm Arm, der das Maul mit ihrer Hilfe auf und zu machen konnte. Sie kamen auf Schiff und Wind und Schiffsbau zu sprechen. Wir wurden nach den Notwendigkeiten zum Bau eines Schiffes gefragt: Schiffsmaterial, Werkzeug, Holz, Segel. Dann brauchts auch noch Wasser und Wind.
Jeder Teilnehmer bekam daraufhin ein DIN A4 Blatt in der Farbe seiner Wahl. Unter Anleitung der Vikarin falteten wir das Blatt solange, bis zum Schluß das Papierschiff aus Kinderzeiten vor uns stand. Danach gab es für jedermann einen kleinen Masten, für einige einen Papierstreifen, der als Segel fungierte. Mit einem Stift sollte jeder das Ziel der Reise oder anderes Wichtiges auf das Segel schreiben und alles mit dem Schiff verbinden. Da hätten wir nun all das daraufschreiben können, was in der Predigt nicht angesprochen wurde.
Angesichts dieser evangelischen Predigtfreude am Basteln und Puppengespräch sah sich der Priester aufgerufen, die Übertragung des Geistes, den Gott auf Moses gelegt hatte, auf die Schultern der 70 vorzulesen. Die Schiffsbauarbeiten ließen diese Lesung als seltsam unmotiviert erscheinen, ohne erkennbaren Zusammenhang. Er gewann aber unsere Aufmerksamkeit mit dem biblischen Bericht, dass von den 70 zwei zu dem Geistempfang nicht erschienen seien, aber trotzdem prophetisch weissagten. Der Priester wollte vielleicht andeuten, dass auch bei denen, die nicht zur großen Gemeinschaft kommen ( etwa die Protestanten ) Prophetisches zu finden sei.
Mit dem Hinweis, dass in der heutigen Zeit von den 70 Berufenen nur 2 gekommen sind, während 68 einfach in ihren Zelten blieben, hätte diese Pfingstfrage, ob über die 68 Nichterschienenen trotzdem der Geist ausgeschüttet werden würde, große Aktualität erfahren.
Leider blieb es beim Schiffchenfalten.
Der größte Gegner des Protestantismus ist doch nicht die Säkularisation, die geistlich entleerte Gesellschaft (Du hast zwar keine Seele, aber ein Handy), der größte Gegner ist er selber.