Israel under attack!
Von allen Seiten. Was ich auch höre und sehe, fast immer endet es mit einer Attacke gegen Israel. Seit Sonnabendmorgen höre und sehe ich fast nichts anders. Wir, meine Frau und ich. Wir sprechen nur mit wenigen Freunden, weil wir die unvermeidliche Attacke gegen Israel fürchten. Die lautet "Selber schuld".
Das kenne ich gut. Es hat mich durch mein gesamtes Theologiestudium, als Religionslehrer und als Pfarrer in Deutschland und Italien begleitet. Selbstverständlich auch im späteren Philosophiestudium und Studium der Politischen Wissenschaft. Die Schuld Israels war immer präsent.
Im Institut für Kirche und Judentum bei von der Osten-Sacken gab es einmal Einblick in den zugrundeliegenden Mechanismus: Die Propheten Israels gingen auf Geheiß ihres Gottes mit seinem Volk hart ins Gericht. Sie haben den Weg verlassen, die Gesetze gebrochen, Gott verraten. Sie hören nicht und gehorchen nicht, denn ihr Ohr trägt eine Vorhaut. Sie müssen beschnitten werden. Ihr Herz ist aus Stein. Es muss ihnen nherausgeschnitten werden und durch ein fleischernes Herz ersetzt werden. Es ist ja keine Selbstkritik, oder der immer wieder bemühte jüdische Selbsthass. Sondern die Verurteilung beginnt mit dem Satz SO SPRICHT DER HERR. Was dann folgt, ist so hart, weil die Prophen Gott nicht verraten können.
Im Unterschied zu jenen, die dann kamen. Die Kirchenväter, die die Verurteilungen durch die Propheten aufnahmen und sagten: Die Juden sagen es ja selbst, dass sie böse, treulos, verstockt und ungehorsam sind. Man muß sie an den Ohren beschneiden und ihnen das steinerne Herz herausreißen.
Als es dann nicht mehr hieß: SO SPRICHT DER HERR, wurde alles zur Waffe gegen die Juden. Waffen, die dann auch von Nichtchristen geführt werden konnten. Bis in unsere Gegenwart hinein. Ich war noch im Studium, da las der Studentenpfarrer eine Stelle aus dem Briefwechsel zwischen Karl Barth und Eduard Thurneysen vor. Darin bekannte Karl Barth: Im Grunde unseres Herzens bleiben wir doch immer Antisemiten. Es ist unser Verhängnis als Christen und aller vom Christentum geprägten Kulturen. Einen täglichen Kampf dagegen gilt es zu führen, denn die Sünde lauert vor der Tür, du aber herrsche über sie.
Gerade zeichnet sich die nächste Niederlage in diesem Kampf ab. Nach dem barbarischen Gemetzel, mit dem die aus der Zivilisation gefallenen Hamas Terroristen über die zivile Bevölkerung Israels hereingebrochen sind, zweihundertsechzig Ermordete während des Supernova Sukkot Gathering an der Grenze zum Gazastreifen, wird jetzt stündlich betont: Israel hat das Recht, sich und seine Bürger zu verteidigen. Nein, Israel hat die Pflicht, sich und seine Bürger gegen diese Höllenbrut zu verteidigen. Deren Märtyrer, ihre Helden, sollen alle zurück in die Hölle fahren, woher sie gekommen sind. Da sollen sie mit ihren Lehrmeistern aus Deutschland brennen hinter Türen, die sich nicht mehr öffnen sollen. Ich weiß, es ist nur mein frommer Wunsch, der sich gern die Stimme Thomas Manns leiht. Ich glaube, er schreibt in Doktor Faustus, Entsteheung eines Romans, zu Göring und Hitler: "Fahr zur Hölle, jovialer Mordwanst. Du hast das Leben hier auf der Erde wenigstens genossen, während dein Herr und Meister nie nirgend anders gewesen ist als in der Hölle." Sollen sie zusammen kochen in der Scheiße ihrer Taten.
Leon de Winter schreibt in der NZZ, der Gaza-Streifen sei nicht aus Willen der Israelis zu einem Gefängnis geworden, sondern durch den Willen der Hamas. Sie hätte aus diesem Landstrich ein kleines Singapur machen können. Seit 2005 gab es bei ihnen keine Israelis mehr. Sie hätten freie Hand gehabt. Sie haben es aber vorgezogen, aus Gaza ein Gefängnis zu machen.
Was wird jetzt geschehen? Wird Israel dasGefängnis gewaltsam öffnen, gewaltsam zerstören?
Ich weiß es nicht. Aus den Nachrichten, die ich aufnehme, kann ich diesen Wunsch bilden: Israel zieht schweres Kriegsgerät an dem Zaun zum Gazastreifen zusammen, und kappt alle Versorgungen nach Gaza. Gleichzeitig beordert Ägypten 130 000 Soldaten an die südliche Grenze des Gazastreifens. Dort würden alle die Palästinenser empfangen, die unter den gegenwärtigen Umständen sich nicht mehr der Gewaltherrschaft der Hamas aussetzen möchten. Wer bliebe, gehörte zur Hamas. (Ich weiß, die Hamas würde ihre Leute nicht freiwillig ziehen lassen, denn sie braucht sie als künftige Opfer der Israelischen Raketenangriffe) Wer bleibt, teilt das Schicksal mit der Hamas.
Viele meiner Bekannten werden sich darüber entrüsten. Einige werden bald - wie damals nach dem Angriff auf Pearl Harbor Präsident Roosevelt nachgesagt wurde, er hätte von dem Angriff gewusst, aber nichts unternommen - Netanyahu vorwerfen, er sei zum Beispiel vom ägyptischen Geheimdienst gewarnt worden, hätte sich aber die günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen, die Hamas zu vernichten. Aber die überwiegende Zahl wird sagen: Israel hat es sich selber zuzuschreiben. Sie hätten mit der Hamas verhandeln sollen. Sie hätten offensiver die Zweistaatenlösung propagieren sollen. Sie hätten längst die Besatzung beenden sollen.
Ehe man zu diesen Punkten kommt, sollten aber zwei Punkte zuvor geklärt sein. 1. Anerkennung des Staates Israel. 2. Es gibt kein Rückkehrrecht der Palästinenser nach Israel. Sie hätten nur das Recht, in den palästinensischen Staat zurück zu kehren. Wenn das klar ist, dann wäre wohl viel möglich.
Rückkehrrecht der Palästinenser: Aus den 700 000 Vertriebenen während der ersten Krieges zwischen den arabischen Staaten und Israel 1948 sind inzwischen 8 oder 9 Millionen geworden. Überall auf der Welt nimmt die Zahl der Vertriebenen im Laufe der Jahre ab. Die vertriebenen Schlesier oder Ostpreußen zählen wohl nur noch ein paar Hundert. Nur bei den Palästinensern ist das komplett anders. Wegen ihres individuellen Rückkehrrechts nach Israel das sie fordern, verzichten sie sogar auf die Zweistaatenlösung. Daß sie 55 Jahre nach ihrer Vertreibung von 1967 immer noch in Flüchtlingslagern leben, ist dabei nicht so schlimm. Denn die Flüchtlingslager sind inzwischen zu stattlichen Dörfern mit guter Infrastruktur herangewachsen. Der Uno und der EU sei es gedankt.
Das Rückkehrrecht der Hamas nach Israel. Das versteht jetzt jeder, dass hier etwas klar entschieden werden muss. Von allen.
Berlin, 9. Oktober 2023 (5784 )