Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis
Kirche St. Matthäus
Predigttext Apostelgeschichte 2, 41 – 47
Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und unserm Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
Die Epistellesung ist zugleich der Predigttext.
Früheste christliche Gemeinde. Erste Generation sozusagen
Wie haben Sie die Beschreibung der ersten Gemeinde aufgenommen: Lust, dazuzugehören?
3000 ließen sich an einem Tag taufen. Enorm wachsende Gemeinde
Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel
und im Brotbrechen
und in der Gemeinschaft
im Gebet
es geschahen Wunder und Zeichen durch die Apostel
alle, die gläubig geworden waren, hatten alle Dinge gemeinsam
Sie verkauften Güter und Habe und verteilten sie unter die Armen.
Sie waren täglich und stets im Tempel zusammen
brachen das Brot hin und her in den Häusern. Lobten Gott und waren fröhlich in den Häusern und vermehrten sich.
Immer noch Lust, dabei gewesen zu sein? Oder jetzt so eine Gemeinschaft zu finden
Man muss sich nicht gerade riesige Gemeinschaftsschlafsäle vorstellen, Gemeinschaftsduschen, jeden Tag Eintopf, den man mit Tausenden Franziskus von Assisi verspeisen musste.
Das nicht, aber es klingt doch so, als ob immer alle Türen jedermann offen standen. Man hatte keine Geheimnisse voreinander. Privacy war kein Thema. Wohngemeinschaftscharakter.
Und dann: Alle hatten ihre Habe den Armen gegeben. Wohl mit dem Effekt, dass jetzt die Armen ihrerseits dadurch wohlhabend geworden waren..
Sie machten alle Tage alles zusammen.
Albtraum!
Der Schrecken des bürgerlichen Zeitalters.
Das ganze Leben lang Familienfreizeit.
Meine Frau und ich kommen gerade von einer zehntätigen Gruppenfahrt aus Südtirol zurück. Hatten wir selber organisiert. Eine wunderschöne Reise. Dauerte halt nur 10 Tage und nicht 10 Monate.
Wunderschön ist es auch ohne Gruppe.
Das sehen nicht alle so.
Einige schaffen einen Bogen von der ersten Gemeinde zur letzten Generation zu schlagen.
Beide seien auf ihre Art eine ähnlich verschworene Gemeinschaft? Die erste Gemeinde scharrte sich um Christus, den Erlöser. Die letzte Generation um die Menschen guten Willens, die dem Rad in die Speichen fallen wollen, um im letzten Moment das Steuer noch herumzuwerfen. Eine Gemeinschaft von Weltenrettern.
Hat die jetzige Generation nicht auch nur ein einziges Thema, das sie alle zusammenbringt, zusammenhält? Auch sie brennt für eine einzige Sache, der alles andere unterordnet wird: sie brennt für die Einhaltung der 1,5 Grad Erderwärmung. Ich sehe sie alle Abende und Nächte zusammen sitzen, ihre Auftritte für den kommenden Tag zu planen. Geht ihnen die Luft aus,
kratzen sie das Geld für ein paar Pizzen zusammen. Fit sein für dringende Entscheidungen.Welt retten und Schöpfung bewahren. In Klammern: Auch wenn bei Schöpfung an den Schöpfer nicht mehr gedacht wird. Ihr Christus ist das Klima. Sie sind keine Christengemeinschaft, eher eine Klimagemeinschaft. Aber eben voller Hingabe. Woran Du Dein Herz hängst, sagte Luther, das ist Dein Gott.
Ja, nicht der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, Vater unseres Herrn Jesus Christus. Aber doch die unbedingte Forderung an den Menschen.
Die Novembersynode der EKD 2022 hat dieser Ähnlichkeit Ausdruck verleihen wollen. Sie hatte eine Vertreterin der letzten Generation eingeladen. Sie wurde mit stehendem Beifall dert Synodalen verabschiedet.
Unsere Kirche, meine Kirche, scheint daher geneigt, die Christen der ersten Gemeinde mit den kämpferischen Menschen der letzten Generation zu verlinken.
Der Mainzer Systematische Theologe Michael Roth versteht seine Kirche nicht mehr: „Es scheint mir nicht sinnvoll, wenn der Beitrag der Kirche zu einem differenzierten, der Vernunft verpflichteten Diskurs in der Gesellschaft sich auf die Aussage beschränkt: ' Boah, ey krass, voll wie Jesus.'“
Wie ist es dazu gekommen?
Liegt die flotte Verbindung von erster Gemeinde und letzter Generation an der religiösen Überhöhung der Ansprüche der last generation, oder an einem zu trivialen Verständnis der ersten Gemeinde als einem Ort der allgemeinen Teilerei, Speerspitze und Powergroup?
Gehen die wichtigsten Züge auf in dieser Entsprechung?
Zunächst bleibt als spürbarer Unterschied die zerstörende Wut gegen Kultur und Zivilisation. Die Entwertung aller Werte unserer Gemeinschaft.
Suppe auf van Gogh, Monet und Goya.
Klimakampf gegen Beethovens Violinkonzert in der Hamburger Elbphilharmonie. Blockade von Strassen und Luftwegen, als Ende der sicheren und zuverlässigen Verkehrswege, der zuverlässigen Ankunft. Weil das Ende der Verkehrssichert leichter zu ertragen sei, als das Ende der Welt. Weil es nicht so schlimm sei, für diesesmal nicht Beethovens Violinkonzert hören zu können, als es überhaupt nicht mehr hören zu können.
Hat nicht jemand gesagt, das Wichtigste für uns sei es, in Panik zu verfallen?
Panisch, wie die Schafherden, die der Gott Pan verfolgt, oder wie der berauschte Gott Dionysos, dessen Frauen, die Mänaden, Unheil und Zerstörung säen, Panik eben, oder wie Wotan, dessen Berserker wie Wolfsrudel in die Dörfer eindringen. Alle drei können zu erheblichen Zerstörer von Ordnung und Sicherheit werden.
Unordnung als Mittel zur Erkenntnis.
In der Bibel bringt der gefährliche Weg von Jerusalem nach Jericho die Tat des barmherzigen Samariters zum Leuchten. Der barmherzige Samariter wäre jetzt übrigens keine gefragte Lösung, denn die ausgebremsten und in den Krankenwagen gestoppten Verkehrsteilnehmer sollen sich ja gerade die richtigen Gedanken machen, während sie daliegen. Ein Samariter würde dies nur verhindern.
Neben der Wut gegen die bürgerliche Kultur fällt noch auf, wie ahnungslos die letzte Generation ist, was die Voraussetzungen einer zivilen Gesellschaft sind.
Es war einmal die heroische Aufgabe des Theseus, Königs von Athen, für sichere Wege der Reisenden zu sorgen. Eine Zivilisationsleistung von allergrößten Bedeutung: Interessant zu lesen, wie Theseus nacheinander den Keulenträger Periphetes, den Fichtenbeuger Sinis, die Wildsau Phaia, den Räuber Skiron, den Ringkämpfer Kerkyon, den Riesen Prokrustes und den marathonischen Stier tötet oder unschädlich macht, die jeder auf seine Weise die Reisenden mit dem Tode bedrohten.
Die Sicherheit der Reise war eine immerwährende Menschheitsaufgabe. Heute jedoch lassen wir zu, dass diese Sicherheit in die Hände der letzten Generation gerät. Wir räumen das Feld für die Wölfe, Bären und für die Wildschweine.
Eine Kluft tut sich auf zwischen der ersten Gemeinde und der letzten Generation. Die letzte Generation, letzte, weil wir jetzt die letzte seien, die das Rad noch wenden können (Zeitfenster 2-3 Jahre) folgt einem Gott, der Klima heißt, der aber kein Retter ist, sondern selber von ein paar Auserwählten gerettet werden muss.
Zerstörer und Retter zugleich. Wenn Gott nicht existiert, dann ist alles erlaubt. Dann hat der Mensch keinen übernatürlichen Herren mehr.
Um es einmal scharf zu benennen.
Immer und ausschließlich wird vom menschengemachten Klimawandel gesprochen. Damit auf diese Weise das Unheil der Klimakatastrophe gerade die Größe des Menschen hervorhebt.
Was können wir nicht alles anrichten!
Und nicht nur das.
Diesen Wandel können allein wir wieder stoppen.
Allerdings: Ein großer Teile unserer über Jahrtausende hinweg erkämpften Zivilisation wird dabei auf der Strecke bleiben.
Vom Vergleichen von erster und letzter Generation befreit, kehren wir noch einmal 2000 Jahre zurück in die erste Gemeinde. Die erste Gemeinde feiert in den Häusern der Gemeindegliedern und im Tempel mit der jüdischen Gemeinde, Sie hatten eigene Häuser, sie beteten zu Hause und im Tempel. Wer alles gemeinsam hat, hat nicht verkauft. Erst, wenn sich Arme in der eigenen Gemeinde fanden. Im übrigen warteten die Gläubigen auf die Wiederkehr des Herrn. Nach ihrem Verständnis waren sie also zugleich erste und letzte Gemeinde. Sie führten die Wiederkehr nicht herbei, sondern warteten.
Groß ist nun auch der Abstand zwischen der ersten Gemeinde und unseren heutigen Gemeinden.
Ist das nun reiner Verlust, beängstigender Abstieg?
Es gab ja immer wieder Bewegungen, die meinen, Gott nur einen Tag in der Woche zu widmen, sei einfach zu wenig. Auch Luther wollte sieben Tag lang Gott loben. So meinte er, der Christ sollte in seinen Beruf gehen, wie in einen Gottesdienst. Der sich aufdrängenden Erinnerung an Goebbels, der in den Krieg gehen wollte, wie in einen Gottesdienst, gebe ich nur nach, um ein weiteres Scheitern heiligen sieben Tage zu nennen.
Ist Christus auf besondere Weise gegenwärtig nur in einer erweckten Gemeinde, die ihren Herrn sieben Tage und Nächte in der Woche feiert, oder ist er auch gegenwärtig in der ruhigen Gemeinschaft von stillen Betern, die nur am Sonntag für eine Stunde zusammenkommen.
Jede Zeit braucht ihre besondere Art von Glaubensmut.
Wir sind umtobt von einer unübersehbaren Menge von Machern, von Aufgeregtheiten, von 5 Minuten vor Zwölf Zeitgenossen, die deshalb gar keine Zeit mehr zu verlieren haben. Von einem Typus von Verantwortungsträgern, die keine Ruhe mehr haben, sich Fragen von anderen anzuhören, weil jetzt allein die Zeit für Antworten sei.
Der menschengemachte Klimawandel – das ist so eine Art von Antwort, die keine Fragen mehr zulässt. Es ist der Mensch, und kommt mir nicht mit Fragen nach noch anderen Ursachen für die Klimaveränderungen.
Ist es da nicht besonders hilfreich, für uns und für alle anderen, dass wir uns die Zeit nehmen, die wir nicht haben, um sie Gott zu geben, der sie in seinen Händen hält. Aus der Gewissheit heraus, dass wir nicht die letzten sind, weder als Generation noch in der Rangfolge der Verantwortlichen.
Und ganz bestimmt sind wir nicht die letzten, die im Gebet still werden, weil sie ihre Hoffnung auf Gott setzen.
Ein Anklagepunkt heute wie damals: Ihr Männer, liebe Brüder, ich werde angeklagt um der Hoffnung willen. So Paulus vor dem Hohen Rat. So, wer sich heute nicht anschickt, innerhalb der kommenden 2 bis 3 Jahre mit aller Gewalt die Welt zu retten.
Wir sollten da nicht mitmachen. Wir hören, singen und beten. Und wenn wir gehen, machen wir das Licht aus. Aber nicht als Beitrag, die Welt zu retten. Das liegt allein bei Gott. Wir sparen nur etwas Strom.
Amen.